September 2015: Ammonit aus der Sammlung Oppel – 
Zum 150. Todestag von Albert Oppel

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Ammonites albineus Oppel, 1862
Oberer Jura, Kimmeridgium
Alter: ca. 155 Millionen Jahre
Laufen an der Eyach, Baden-Württemberg Durchmesser ca. 9 cm
SNSB-BSPG AS VIII 33

Holotypus von Ammonites albineus Oppel, BSPM, eine Pachypictonia aus der Platynota-Zone der westlichen Schwäbischen Alb.
Albert Oppel

Am 22. Dezember 2015 jährt sich zum 150ten mal der Todestag von Albert Oppel (1831–1865), einem der bedeutendsten deutschen Paläontologen und Stratigraphen des 19. Jahrhunderts. Sein Tod im Alter von nur 35 Jahren infolge einer fiebrigen Erkrankung, der wenige Tage vor ihm auch sein einjähriges Töchterchen zum Opfer gefallen war, bedeutete für die Paläontologie in Europa einen herben Verlust. Sein Wissen, Scharfsinn und Fleiß haben sich in der kurzen Zeit seines Wirkens in einigen noch heute oft zitierten Werken niedergeschlagen, von denen seine „Juraformation“, sein Werk über jurassische Ammoniten und jenes über Zehnfußkrebse die bedeutendsten sind. Klar und schnörkellos war seine Sprache, die auch für heutige Forscher mühelos zu verstehen ist.

Der von ihm eingeführte Begriff der Zone wird heute über den Jura hinaus als Maßeinheit zur erdgeschichtlichen Feingliederung verwendet. Seine nach seinem Tod vom bayerischen Staat aufgekaufte Fossiliensammlung galt als so herausragend, dass sie damals selbst im Baedecker-Reiseführer als einer Besichtigung wert erwähnt wurde. Oppel hatte einen beträchtlichen Teil seines Vermögens in diese Sammlung investiert, die so zu einer Art Lebensversicherung für seine Witwe und seinen Sohn wurde. Glücklicherweise hat ein Teil der Sammlung in München die Zerstörungen des 2. Weltkriegs durch Auslagerung überlebt, sodass wir uns heute glücklich schätzen dürfen, das eine oder andere Stück nachuntersuchen zu können.

Ein Beispiel hierfür ist Ammonites albineus, eine Ammonitenart, die Oppel auf ein einziges Stück begründet hatte. Oppel gab an, es stamme aus den „weißen Kalken der Oxford-Gruppe“ von Laufen an der Eyach. Zur nachträglichen Ermittlung des exakten Fundniveaus von Ammonites albineus ist man darauf angewiesen, weitere Stücke zu finden, die dem Oppel’schen Exemplar entsprechen. Dies ist erst in den letzten Jahren gelungen. Danach tritt die Art als große Seltenheit an der Basis der Platynota-Zone auf. Die Neufunde deuten auf eine erhebliche Variabilität hinsichtlich der Nabelweite und des Einsetzens des Altersstadiums, das bei Oppels Exemplar (dem sog. Holotypus) noch längst nicht erreicht war. Wie steht es aber mit der systematischen Zugehörigkeit von Ammonites albineus? Oppel selbst sah Ähnlichkeiten zu Ammonites cymodoce d’Orbigny, einem Vertreter der (sub-)borealen (nordischen) Gattung Rasenia oder Pictonia. Pictonia kommt in England und Nordwestfrankreich im basalen Kimmeridgium vor. Der in Bamberg tätige Theodor Schneid stellte die Art zu Pictonia. Er beschrieb einige ähnliche Formen aus Franken, konnte aber kein mit dem Holotypus übereinstimmendes Stück finden. Schneid hatte ein eng gefasstes Artverständnis, in dem Variabilität keine Rolle spielte. Der Ammonitenforscher Otto F. Geyer sah mehrere der von Schneid eingeführten Pictonia-Arten als artlich identisch mit Oppels Form an. Schneid hatte ganz informell für großwüchsige Pictonia-Formen die neue Gattung Pachypictonia vorgeschlagen. Diese wurde von Geyer aufgegriffen, wobei er sich über die Beziehungen dieser Form zu den „echten“ Pictonien nicht im Klaren war. Geyer vermischte Pachypictonien mit Eurasenien, insbesondere da er einen Vertreter von Eurasenia fälschlicherweise mit der Typusart von Pachypictonia als identisch ansah. Die Neufunde zeigen, dass im Altersstadium grobe, keilförmige Rippenwülste ausgebildet sind, wie sie für Pachypictonia typisch sind. Diese Gattung kommt im subborealen Jura höchstens in Randgebieten vor und ist in der Submediterranen Provinz selten (Schwäbischer und Fränkischer Jura, Nordschweiz). Fragliche Pachypictonien aus Grönland zeigen abweichende Innenwindungen und repräsentieren wohl eine eigenständige Entwicklungslinie der Borealen Provinz. Angebliche Pachypictonien aus Südspanien sind ebenfalls zweifelhaft und gehören zu einer noch unbenannten Gattung, die ein ähnliches Aussehen wie Eurasenia entwickelte.

Oppel verband Geländearbeit, Sammlungsauswertung und den fachlichen Austausch mit Fachkollegen und Amateuren. Die Sticheleien seines berühmten Tübinger Lehrers Friedrich August Quenstedt vermochten es nicht, die Bedeutung von Oppels Lebenswerk zu mindern. In der Juraforschung steht er in einer Reihe mit William Smith, Alcide D. d’Orbigny, Leonard F. Spath, William J. Arkell, Gerd E. G. Westermann und John H. Callomon. Obwohl sogar ein Gebirge auf dem Mond nach ihm benannt wurde, erinnert bis heute weder in seiner Geburtsstadt Stuttgart noch am Ort seiner beruflichen Wirkungsstätte in München etwas an diesen bedeutenden Paläontologen.
Günter Schweigert

Holotypus von Ammonites albineus Oppel, BSPM, eine Pachypictonia aus der Platynota-Zone der westlichen Schwäbischen Alb.
Albert Oppel