Mehr als nur Zähne: Außergewöhnlich gut erhaltene Haifossilien zeigen erstmals ihre Gestalt

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München, 24.04.2024

Jura-Museum Eichstätt

Ein internationales Paläontologenteam findet in Mexiko erstmals vollständig erhaltene Fossilien der Hai-Gattung Ptychodus. Rund 200 Jahre lang kannte man fast nur deren Zähne. Jetzt wissen die Forscher, wie die Urhaie tatsächlich aussahen. Die 93 Jahre alten Raubfische aus der Kreidezeit gehören zu selben Fischordnung wie der heutige Weiße Hai. Die Studie erschien heute in der Zeitschrift Proceedings of the Royal Society B.

Vor 93 Millionen Jahren glitten schlanke bis zu zwei Meter lange Haie der Gattung Ptychodus durch die Kreideozeane Mexikos und machten Jagd auf hartschalige Tiefseebewohner. Mit ihren speziellen Pflasterzähnen knackten die Räuber bevorzugt Tiere mit harten Gehäusen, wie Ammoniten, oder Panzern, wie Meeresschildkröten. Die inzwischen längst ausgestorbenen Fische waren offenbar hochspezialisierte und einzigartige Raubtiere unter den Elasmobranchiern – der großen Gruppe der Haie und Rochen. Wie Ptychodus-Haie aussahen, wie sie lebten und mit wem die Fische verwandt waren, zeigt nun ein Forscherteam um Dr. Romain Vullo von der Universiät Rennes. An der Studie war auch SNSB Paläontologin PD Dr. Christina Ifrim, wissenschaftliche Leiterin des Jura-Museums Eichstätt (SNSB Regionalmuseum) maßgeblich beteiligt.

Komplettes Exemplar von Ptychodus aus Vallecillo, Mexiko.
Länge 142 cm. (Foto: Romain Vullo)

Lange Zeit kannte man von Ptychodus nur einige erhaltene Zähne, die zuerst in kreidezeitlichen Ablagerungen Englands gefunden wurden (105 bis 75 Millionen Jahre). Anhand dieser Zahnfunde wurde die Art im Jahr 1834 von dem Paläoichthyologen Louis Agassiz formell beschrieben. Später wurden in Kreideablagerungen weltweit Ptychodusfossilien gefunden, jedoch immer nur fragmentarische und unvollständige Überreste. Wie dieses große Raubtier tatsächlich ausgesehen hat und inwiefern es verwandt mit Haien und Rochen war, bleib den Forscherinnen und Forschern jedoch lange ein Rätsel – bis heute.

In der kreidezeitlichen Fossillagerstätte Vallecillo, Nuevo León, Mexiko fanden Paläontolog- innen und Paläontologen nun erstmals vollständig erhaltene Ptychodus-Exemplare. Die Fos- silen sind außergewöhnlich gut erhalten, sogar die Körperumrisse sind erkennbar. Ptychodus war offenbar ein bis zu zwei Meter großer, in der Tiefsee lebender Hai mit schlankem, spindelförmigem Körperbau. Er gehörte zur Ordnung der Makrelenhaie (Lamniformes), einer zur Kreidezeit sehr vielfältigen Fischgruppe, zu der auch der heute lebende Weiße Hai zählt. Das typische Gebiss zeigt, dass die Tiere sich wohl hauptsächlich von hartschaligen Beutetieren der Tiefsee ernährten. Dies bestätigt auch die Zusammensetzung der Begleitfauna aus der untersuchten Fossilfundstelle Vallecillo.

SNSB Pressemitteilung

Die Forschenden vermuten, dass insbesondere diese Nahrungs-Spezialisierung Einfluss auf die Evolutionsgeschichte der Ptychodus-Haie gehabt haben könnte. Sie könnte erklären, dass Ptychodus bereits lange vor der Aussterbe-Krise am Ende der Kreidezeit verschwanden. Vielleicht machten andere Räuber mit Pflasterzähnen, wie die Mosasaurier, den Urhaien Konkurrenz.

An der Studie beteiligt waren Forscherinnen und Forscher der Universität Rennes, Frankreich, der Universität Wien, Österreich, des Museo del Desierto, Saltillo, Mexiko sowie der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns, der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn, und der Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg, aus Deutschland.

Komplettes Exemplar von Ptychodus aus Vallecillo, Mexiko.
Länge 142 cm. (Foto: Romain Vullo)

Die Bilder stehen ausschließlich zur redaktionellen Berichterstattung zum Thema dieser Pressemitteilung zur Verfügung.

Publikation:

Vullo R et al. 2024 Exceptionally preserved shark fossils from Mexico elucidate the long-standing enigma of the Cretaceous elasmobranch Ptychodus. Proc. R. Soc. B 20240262. 

Kontakt:

PD Dr. Christina Ifrim
Jura-Museum Eichstätt
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
Tel.: 08421 60298 25
E-Mail: ifrim@snsb.de