Januar 2012: Fossilstufe mit Turmschnecke und Ammoniten

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Allocosmia grandis (Hörnes),
Cladiscites angustus (Gamsjäger) und Arcestes sp.
Obere Trias (Nor)
Alter: ca. 210 Millionen JahreIndonesien, West-Timor, Bihati
Höhe der Turmschnecke ca. 10,5 cm;
Durchmesser des Ammoniten: ca. 5 cm

Vor 100 Jahren leitete der deutsche Forscher Johannes Wanner, der in München Geologie und Paläontologie studierte, bedeutende geowissenschaftliche Forschungsreisen auf die Insel Timor (Indonesien, Indopazifik). Dort wurden unter anderem zahlreiche sehr gut erhaltene Fossilien der oberen Trias entdeckt, die seitdem in etlichen wissenschaftlichen  Arbeiten behandelt wurden. In den Schluchten des Bihati-Flusses treten große obertriassische Kalkblöcke zu Tage, die in wesentlich jüngeren tonigen Schichten der Tertiär-Zeit eingebettet sind. Die fossilreichen, hellen bis rosafarbenen Kalke werden nach ähnlichen Vorkommen im Salzburger Land als Hallstätter Blöcke bezeichnet. Sie sind sehr reich an Ammoniten, ausgestorbenen Verwandten unserer heutigen Tintenfische. Schnecken sind hingegen selten. Der dunkle Schalenüberzug der Fossilien besteht aus Manganoxid und bildet eine Art Schutzhülle, die das Herauspräparieren der Fossilien aus dem Gestein erleichtert. Die Erhaltung der Stücke ist daher hervorragend.

Unser Ausstellungsstück zeigt eine große Turmschnecke (Allocosmia grandis) und zwei Ammoniten, Cladiscites angustus  (mit charakteristischen Spiralrillen) und Arcestes sp., auf einem Kalkbruchstück. Ähnliche Kalke findet man heute nicht nur in West-Timor, sondern auch ganz in unserer Nähe. So sind zum Beispiel die Schichten der oberen Trias in den Alpen (Österreichische und Lombardische Alpen) Fundstellen von Hallstätter Kalken mit reicher Ammonitenführung. Zur Zeit der Trias befanden sich die heutige Alpenregion und Timor in einem West-Ost verlaufenden Ozean, der als Tethys bezeichnet wird. In den Alpen und Timor treten dabei oft dieselben Arten auf, wie es auch bei der Schnecke und den  Ammoniten unseres Fossils des Monats der Fall ist. Dies ist bemerkenswert, da beide Regionen auch damals über 10.000 km voneinander entfernt lagen. In diesem Ozean lebten die Ammoniten und Schnecken von Timor in tropischen, küstenfernen Meeresgebieten.



Die schlanke Turmschnecke Allocosmia grandis gehört zur Gruppe der Neuzeitschnecken (Caenogastropoden). Sie ist mit ihrem knapp 10 cm messenden Gehäuse vergleichsweise groß. Zu Beginn der Triaszeit waren die meisten Schnecken wesentlich kleiner. Manche Forscher nehmen an, großwüchsige Arten seien beim großen Massenaussterben an der Perm/Trias-Grenze stärker betroffen worden als kleinere Formen. Ab der Mittleren Trias ging der Trend wieder zu größeren Schneckenhäusern, was als Zeichen der Erholung einhergehend mit einer Verbesserung der Lebensbedingungen nach dem Massenaussterben interpretiert wird.  Im Verlauf der Erdgeschichte treten hochturmförmige Schnecken immer häufiger auf. Der Grund für diesen Trend ist noch nicht endgültig geklärt. Vermutlich sind Turmschnecken wendiger als Schnecken mit  teller- oder kegelförmiger Schale, da sie das schlanke Gehäuse in der Bewegungsrichtung hinter sich herziehen. Der Turm dient auch als Rückzugsraum für den Weichkörper des Tieres, der weit von der Gehäusemündung nach innen weggezogen werden kann. Fressfeinde greifen Schnecken bevorzugt an der Mündung an. Somit wäre die Turmform eine Anpassung an eine zunehmende Gefährdung durch Fressfeinde, wie z. B. Krebse oder Fische.  

S. Kölbl & A. Nützel