Januar 2013: Kleinriff von Wurmschneckenröhren

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Vermicularia recta Olsson & Harbison 1953
Oberes Pliozän
Alter: ca. 3,5  Millionen Jahre
USA, Sarasota, Florida
Breite: 33 cm

Die meisten Schnecken bewegen sich kriechend fort und leben also frei beweglich. Es gibt aber auch einige wenige Schnecken, die sich auf festen Unterlagen festheften und sogar riffartige Strukturen aufbauen können. Zu diesen zählen die im Meer lebenden Wurmschnecken. Diese Wurmschnecken kommen in wenigen Untergruppen (Familien) der Schnecken vor. Unser Fossil des Monats gehört der Gattung Vermicularia an, die den Turmschnecken (Turritellidae) zugerechnet wird. Während die meisten Turmschnecken eine fest aufgewundene,  hochgetürmte Schale besitzen, baut Vermicularia eine wurmröhrenartige Schale, die oft unregelmäßig korkenzieherartig entrollt ist. Das hier ausgestellte Stück ist ein etwa 3,5 Millionen Jahre altes Schneckenriff, das von zahlreichen Röhren der Art Vermicularia recta gebildet wird.

Die Spitzen der röhrenförmigen Schalen weisen nach unten, während die Öffnungen nach oben orientiert sind, wo die Tiere mit dem Meerwasser in Kontakt standen. Anders als die meisten Schnecken ernährt sich Vermicularia filtrierend, das heißt, das Tier filtert Nahrungspartikel aus dem Meerwasser heraus. Hierzu teilt Vermicularia mit dem muskulösen Fuß den Eingang der Mantelhöhle in eine Ein- und eine Ausströmöffnung. Über die Einströmöffnung wird Meerwasser zugeführt. Die Nahrungspartikel (z. B. Plankton) werden von der Kieme mit Hilfe von Schleim herausgefiltert und am Grund der Mantelhöhle in einer Rinne gesammelt. Diese Nahrungsrinne führt zur Schnauze des Tieres und die Nahrung wird dort mit der Raspelzunge aufgenommen. Die Schnecke entsorgt das verbrauchte Wasser und  Kot über den Ausströmkanal. Die Arten der anderen großen Gruppe festsitzender Wurmschnecken (Vermetidae) ernährt sich nicht filtrierend, sondern fängt das Plankton mit Schleimnetzen.



Jugendliche Wurmschnecken leben noch frei beweglich, setzen sich dann aber fest und zementieren ihre Schale auf einen stabilen Untergrund. Dabei wird die zunächst noch fest aufgewundene Schale später meist korkenzieherartig bis fast gestreckt entrollt. Beim vorliegenden Stück sind die noch fest aufgerollten frühen Windungen an der Spitze der Röhren abgebrochen. Die Entrollung wird notwendig, weil die dicht aneinander sitzenden festgehefteten Tiere während des Wachstums ihre Mündung nach oben zum Meerwasser hin orientieren müssen.

Wurmschnecken bilden jedoch keineswegs immer Riffe, sondern kommen in der Regel vereinzelt vor.

Wurmschnecken sind in heutigen Meeren der gemäßigten bis tropischen Breiten weit verbreitet. Begründet durch ihre festsitzende Lebensweise sind Wurmschnecken die einzigen Schnecken, die Riffe aufbauen können bzw. zur Riffbildung beitragen. Schneckenriffe gibt es beispielsweise auch im Mittelmeer etwa an den Küsten Siziliens. Vermicularia ist seit der frühen Erdneuzeit (Känozoikum) gut bekannt. Die ältesten möglichen Vertreter der Gattung Vermicularia sollen aus dem mittleren Jura Indiens stammen. Andere Autoren halten Vermicularia für viel jünger mit den ältesten sicheren Vertretern aus dem unteren Miozän (ca. 20 Millionen Jahre). Schneckenriffe sind im Wesentlichen ein Phänomen der Erdneuzeit. 



Alexander Nützel