Neues zu Riesenammoniten der Kreidezeit

Jura-Museum Eichstätt
München 11.11.2021

Bis zu 1,74 Meter misst Parapuzosia seppenradensis, der größte Ammonit der Welt im Durchmesser. Weltweit gibt es nur wenige Fossilfunde dieser bereits ausgestorbenen Kopffüßer-Art aus der späten Kreidezeit (100-66 Millionen Jahre). Paläontologin und Leiterin des Jura-Museums Eichstätt, Christina Ifrim, hat mit einem Forscher-Team der Universität Heidelberg, der Universität Portsmouth und mexikanischen Kollegen aus dem Museo del Desierto, Saltillo, Coahuila in einer neuen Studie 154 Exemplare der Riesenammoniten-Gattung Parapuzosia aus Europa und Mexiko untersucht und verglichen, um mehr über deren Verbreitung und Entwicklung herauszufinden. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichten die Wissenschaftler:innen
nun in der Fachzeitschrift PLOS ONE.

Ammoniten sind eine ausgestorbene Gruppe der Kopffüßer (Cephalopoda) und mit den heutigen Tintenfischen verwandt. Riesenformen dieser Tiere, wie auch Parapuzosia seppenradensis, bewohnten die Meere vor allem in der Kreidezeit (142-65 Mio. Jahre). Am Ende der Kreide (vor 66 Mio Jahren) starben die Ammoniten gemeinsam mit den Dinosauriern aus. Das erste Exemplar des Riesenammoniten Parapuzosia seppenradensis wurde im Jahr 1895 bei Seppenrade in Westfalen entdeckt. Er ist mit einem Durchmesser von 1,74 Metern weltweit der größte Ammonit, der bisher gefunden wurde – immer noch.

Fossilien-Funde von Parapuzosia seppenradensis waren bisher äußerst selten, daher ist über ihre Entwicklungsgeschichte bisher wenig bekannt. Paläontolog:innen der Universität Heidelberg haben nun historische Fossilien sowie 102 Neufunde der Art aus England und Mexiko im Rahmen einer umfassenden Vergleichsstudie untersucht. Das Wissenschaftler-Team um PD Dr. Christina Ifrim, inzwischen Leitern des Jura-Museums Eichstätt, verglich insgesamt 154 Parapuzosia-Exemplare, die vor 85-80 Millionen Jahren den Atlantischen Ozean der Oberen Kreidezeit bewohnten. 110 davon wurden in Mexiko und England direkt im Gelände gefunden – ein Glücksfall, denn so konnte die zeitliche Abfolge nun rekonstruiert werden. Die Forscher analysierten und korrelierten dabei die exakten Gehäuse-Maße der Fossilien, ihre Wachstumsstadien und die geografische Verteilung ihrer Vorkommen über die Zeit.

Die Analysen zeigen, dass bereits die frühesten Formen von Parapuzosia seppenradensis vor 83 Millionen Jahren auf beiden Seiten des Atlantiks – in Europa und Mittelamerika – lebten. Ihre Vorfahren (Parapuzosia leptophylla) hingegen waren zunächst nur auf der europäischen Seite und erst später auch im Golf von Mexiko heimisch. Die Paläontolog:innen konnten im Laufe der Evolution von P. seppenradensis auch eine deutliche Größenzunahme des Gehäuses von einem bis zu 1,8 Metern feststellen. Kopffüßer wurden zu dieser Zeit alle größer, aber keiner so groß wie Parapuzosia

Die Forscher:innen sehen hier einen möglichen Zusammenhang mit der zeitgleichen Größenzunahme bei Mosasauriern, die an der Spitze der Nahrungskette in den kreidezeitlichen Meeren standen. Überrascht hat die Paläontolog:innen die Verteilung der Fossilien innerhalb ihrer Fundstellen: Oft fanden sich Gehäuse von ausschließlich erwachsenen Tieren konzentriert in sehr eng begrenzten Bereichen. Nahe gelegene Areale desselben Fundgebiets dagegen brachten oft keine Reste von P. seppenradensis zu Tage. „Dies könnte ein Hinweis auf eine sogenannte monozyklische Fortpflanzungsstrategie sein. Dabei pflanzt sich ein Organismus nur ein einziges Mal in seinem Leben sexuell fort, bevor er stirbt“, interpretiert Christina Ifrim, Erstautorin der Studie ihre Beobachtung.

Publikation:
Ifrim C, Stinnesbeck W, González González AH, Schorndorf N, Gale AS (2021) Ontogeny, evolution and palaeogeographic distribution of the world’s largest ammonite Parapuzosia (P.) seppenradensis (Landois, 1895). PLOS ONE 16(11): e0258510.
https://doi.org/10.1371/journal.pone.0258510

Kontakt:
PD Dr. Christina Ifrim
Jura-Museum Eichstätt
Tel.: 08421 602980 oder 0162 30 67 16
E-Mail: ifrim@snsb.de

Bilder:
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Im Jura Museum in Eichstätt sind insbesondere Fossilien der Solnhofener Plattenkalke zu sehen, die in den Steinbrüchen der Region zutage gefördert worden sind. Zu den eindrucksvollen Versteinerungen aus der
Jura-Zeit vor 150 Millionen Jahren gehören das Eichstätter Exemplar des berühmten Urvogels Archaeopteryx und das weltweit einzige Exemplar des Raubdinosauriers Juravenator. Trägerin des Museums ist die Stiftung Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt.
Der größte Teil der Sammlung befindet sich im Besitz des Bischöflichen Seminars St. Willibald in Eichstätt. Wissenschaftlich betreut wird die Sammlung von den Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns.