Juni 2015: Stammscheibe eines Baumfarns

Psaronius simplex Unger
Mittleres Rotliegendes, Unterperm (ca. 290 Millionen Jahre)
Chemnitz, Sachsen
Durchmesser des Stammes: ~10 cm
SNSB-BSPG: 2002 XV 255

Durch die Auffaltung des variszischen Gebirges und die damit zusammenhängenden geologisch-klimatischen Veränderungen verschwanden vor ca. 295 Millionen Jahren die ausgedehnten Steinkohlen-Sumpfwälder, die das Bild der oberkarbonischen Landschaft in Euramerika geprägt hatten. In den versprengt liegenden und lokal begrenzten Sümpfen des unteren Perms (Rotliegend) waren nicht mehr baumförmige Bärlappgewächse die dominierenden Elemente, sondern meist Farne.

Die Farne des Unterperms zeigen ein breites Spektrum an Wuchsformen. Man kennt krautige Arten mit dünnen, niederliegenden Stämmen, aber auch solche, die an großen Bäumen empor kletterten. Es gab unter den Farnen aber auch viele baumförmige Vertreter, die den heutigen Baumfarnen sehr ähnlich sahen und mehr als 15 m hoch werden konnten. Die Stämme dieser Pflanzen erreichten an der Basis einen Durchmesser von bis zu 1,5 m. Der wichtigste Vertreter dieser Baumfarne wird Psaronius genannt. Die Gattung Psaronius Cotta wurde ursprünglich für verkieselte Stämme dieser Farne aufgestellt, wird heute jedoch auch häufig für die ganze Pflanze (Abb. 1) verwendet, von der neben den Stämmen auch Wedel (z.B. Pecopteris) und Fortpflanzungsstrukturen (z.B. Scolecopteris) bekannt sind.

Psaronius-Stämme haben einen recht eigenartigen Bau, der auch an unserem Fossil des Monats, einem Querschnitt durch Psaronius simplex Unger aus dem berühmten ‚Versteinerten Wald von Chemnitz’, gut erkennbar ist. Der innere, mehr oder weniger rundliche Bereich des Querschnittes zeigt den eigentlichen Stamm, bestehend aus den nach außen konvex gebogenen, bandförmigen Leitbündeln (rötlich-weißliche Linien), die in ein Grundgewebe eingebettet sind. Die Leitbündel versorgten die oberen Teile der Pflanze mit Wasser und Mineralien, und sie transportierten die Produkte der Photosynthese zu den Orten ihrer Verwendung. Je nach Art sind die Leitbündel bei Psaronius in zwei, vier oder mehr Reihen angeordnet. Beim Fossil des Monats waren es, wie der Namensteil ‚simplex’ [‚einfach’] vielleicht schon vermuten lässt, nur zwei Reihen, die sich gegenüber standen. Eine Besonderheit aller Psaronius-Stämme ist, dass die Anzahl der Leitbündel im Stamm nach oben hin zunimmt, wodurch die Stämme zur Spitze hin dicker werden. Dies hat Folgen für die Stabilität – die Stämme können ohne Hilfe nicht aufrecht stehen.

Abb.1: Rekonstruktion eines Psaronius-Baumfarns
(aus Taylor et al., 2009)

Alle Psaronius-Stämme sind aber von einem mehr oder weniger mächtigen Wurzelmantel umgeben, der auch in unserem Fossil als unregelmäßige, bräunlich-weißliche Schicht zu sehen ist. Der Wurzelmantel besteht aus hunderten von kleinen Einzelwurzeln, welche vom Stamm über seine gesamte Länge gebildet werden und an der Außenseite zum Boden wachsen. So kommt es, dass der Wurzelmantel an der Stammbasis – also da, wo der eigentliche Stamm am dünnsten ist – deutlich kräftiger ist, als in den oberen Teilen des Stamms, in denen der eigentliche Stamm am dicksten ist. Die Wurzeln der Psaronius-Stämme dienten also nicht nur zur Wasser- und Nährstoffaufnahme, sondern waren auch mechanisch wichtig. Die Stämme konnten nur mit Hilfe ihres Wurzelmantels stabil aufrecht stehen.

Während die Pasronius-Baumfarne im Perm sehr weit verbreitet waren (z.B. Europa, Nordamerika, China, Australien), sind ihre lebenden Verwandten, die nicht immer baumförmigen Marattiales, überwiegend subtropisch. Sie kommen zum Beispiel in den tropischen Berg-Nebelwäldern der Südhemisphäre vor. Auch bei den heutigen baumförmigen Marattiales dient ein Wurzelmantel zur Stabilisierung des eigentlichen Stamms und belegt, dass dieses Konstruktionsprinzip eine sehr langlebige da erfolgreiche Erfindung der Natur ist.

E. Kustatscher & M. Krings