April 2014: Fruchtkörper eines Baumpilzes

Ganodermites libycus 
A. Fleischm., M. Krings, H. Mayr & Agerer, 2007
Unter- oder Mittelmiozän
(15­–19 Millionen Jahre)
Nordsahara, Libyen, Afrika

Baumpilze (Polyporales) sind ein wichtiges Element der heutigen Wald-Ökosysteme. Jeder, der schon einmal einen Waldspaziergang gemacht hat, kennt die auffälligen, teils bunten Fruchtkörper dieser Pilze, die einzeln oder zu mehreren an den Stämmen sitzen, und so wohlklingende Namen tragen wie Schmetterlingstramete, Zunderschwamm oder Lackporling. Während die Fruchtkörper außen am Stamm sitzen, damit die in ihnen gebildeten Sporen vom Wind leicht verbreitet werden können, bleibt der eigentliche Organismus im Verborgenen.

Seine feinen Fäden (Hyphen) leben im Inneren des Stamms und bilden im Holzgewebe ausgedehnte Geflechte (Myzele) aus. Um sich zu ernähren, zersetzen die Hyphen das Holz mit Hilfe von Enzymen. Dies tun sie auf sehr charakteristische Weise, so dass man in Holzproben befallener Bäume an der Form der Zersetzung oft bereits erkennen kann, welcher Pilz vorhanden ist. Baumpilze sind saproparasitisch, das heißt sie siedeln sowohl in lebendem als auch in totem Holz. Da nicht viele Organismen das widerstandsfähige Material Holz überhaupt abbauen können, sind Baumpilze maßgeblich für die Nährstoffumsetzung im Wald.


Die Gruppe der Basidiomyzeten (Ständerpilze), zu denen auch die Baumpilze gehören, ist fossil schlecht belegt; es wird jedoch vermutet, dass es diese Pilzgruppe seit mindestens 500 Millionen Jahren gibt. Da es Pflanzen mit Stämmen aus Holz auch schon seit etwa 380 Millionen Jahren gibt, könnte man nun spekulieren, dass sich auch die Baumpilze früh entwickelt haben. Dennoch kennt man keine Belege für Baumpilze aus dieser Zeit, und auch nur ganz wenige strukturbietend erhaltene Hölzer (Kieselhölzer), bei denen Symptome des Befalls durch holzzerstörende Pilze erkennbar sind. Die typischen Fruchtkörper der Baumpilze sind fossil erst seit dem jüngeren Mesozoikum (Kreide; ca. 75 Millionen Jahre) belegt; aus dem Känozoikum kennen wir eine ganze Reihe gut erhaltener Baumpilzfruchtkörper.


Unser Fossil des Monats April ist ein solcher verkieselter Baumpilzfruchtkörper, der in Unter- oder mittelmiozänen Sedimenten (15–19 Millionen Jahre) der Nordsahara in Libyen (Nordafrika) gefunden wurde. Das Fossil war ursprünglich in etwa halbkreisförmig, 10 cm breit, 8 cm lang und bis zu 4 cm dick; für die Dünnschliffherstellung und wissenschaftliche Bearbeitung wurde das Stück nachträglich zerteilt. An welchem Baum dieser Pilz einmal gesessen hat, lässt sich nicht sagen. Auf der Oberseite des Fruchtkörpers erkennt man eine feine radiale Streifung und mehrere Zuwachszonen, die darauf hindeuten, dass der Fruchtkörper mehrjährig war. Auf der Unterseite befindet sich man das Hymenium (die Fruchtschicht), welches aus einer Vielzahl mikroskopisch kleiner Röhren besteht, die über runde Poren mit der Oberfläche verbunden sind. In den Röhren werden an speziellen Strukturen (den Basidien) die Sporen in großer Zahl gebildet. Sobald die Sporen reif sind, werden sie über die Poren entlassen und vom Wind verbreitet. 


Die charakteristische Morphologie des Fruchtkörpers und die Form der Sporen, die man in Dünnschliffen des Hymeniums gut erkennen kann, ermöglichen es, das Fossil systematisch zuordnen. Es handelt sich um einen Vertreter aus der Familie der Lackporlingsverwandten (Ganodermataceae), die auch heute noch mit ca. 250 Arten auf Laub- und Nadelbäumen weltweit verbreitet sind. Einige Arten werden als Heilpilze in der begleitenden Krebstherapie, bei Nervenschwäche, Schlafstörungen, Herz-Kreislaufproblemen, Allergien und Asthma eingesetzt. Eine Art, Ganoderma lucidum, wird „Pilz der Unsterblichkeit“ genannt, weil man glaubt, dass er bei regelmäßiger Einnahme Alterungsprozesse erheblich verlangsamen kann.

Prof. Dr. M. Kings